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Literatur als Nahrung

Literatur als Nahrung

11. Juli 2024

Es gibt Phasen, in denen ich wenig lese und auch selten zu Hörbüchern greife. Meistens stecke ich dann in einem eigenen Projekt und möchte mich nicht ablenken lassen. Gerade ausgefeilte Texte mit prägendem Rhythmus könnten mich dazu verleiten, es ähnlich zu versuchen – ganz unbewusst und nicht annähernd so gut. Deshalb konzentriere ich mich beim Schreiben lieber aufs Schreiben.
Dazwischen liegen die Zeiten der Notizen, Skizzen, Fragmente, des Organisierens und eben der Bücher anderer Autorinnen.

Es ist Sommer und ich möchte mich erholen können, dafür sind Hörbücher bestens geeignet und ich finde sogar Spannendes, das handwerklich gut gemacht ist. Bleibe beim gewählten Autor vom Lübbe-Verlag, lausche und denke darüber nach, wie wichtig es ist, dass ich die Sprecherstimme mag. Die des Vorlesenden für ein Hörbuch, die des Lesenden auf der Bühne oder in einem Saal. Ich habe einige Hörbücher beiseite gelegt, weil ich mit der Tonhöhe, Aussprache, Betonung, nicht klarkam. Das unabhängig davon, ob der Text vom Verfasser oder einem Schauspieler eingelesen worden ist. Der Sommer ist sehr geeignet dafür, unterwegs zu sein: mit den Geschichten im Ohr oder von einer Veranstaltung zur nächsten. Ich möchte mich füllen mit Literatur, sie aufzunehmen, mich sättigen. Das Fremde verdauen, es kritisch hinterfragen, lernen. Für die kommende Phase, in der ich selbst schreibe.

Die Bücher finden nun wieder zu mir, ich lese viel und dabei darf es gern anspruchsvoll sein. Im Buch kann ich zurückblättern, einen Zettel als Markierung verwenden oder mir gleich ein paar Sätze herausschreiben. Eine Freundin liest immer mehrere Bücher parallel. Das habe ich ein paar Mal versucht, es funktionierte nicht. Ich brauche zu lange, um von einer Geschichte in eine andere zu finden, muss zurückblättern, manchmal ein ganzes Kapitel von vorn beginnen. Parallel etwas zu lesen und etwas anderes zu hören, klappt dagegen. Ich vertiefe mich also sitzend in dystopische Prosa und lausche gehend fasziniert historischen Daten, die ein anderer Autor miteinander und mit den Menschen und Anekdoten jener Epoche verwoben hat und die zum Teil ebenso aktuell wie dystopisch erscheinen. Erstes zwingt mir Lesepausen auf, weil es mich ziemlich deprimiert, wie wenig Chancen für die „kleinen Leute“ überhaupt existieren (und wie schnell Glück zerrinnt, jedenfalls bei denjenigen) und wie brutal Armut sein kann, zweites sollte ich mit vielen Pausen anhören, weil es so unendlich viele Fakten darin gibt, aber ich bin gefangen in diesem Sog. Jede Tätigkeit, die mich die Kopfhörer absetzen lässt, ärgert mich.
Das war anscheinend schon immer so. Eine Besucherin erzählte mir am Rande einer Lesung, dass sie sich gut daran erinnert, dass ich als Kind einmal aufräumen sollte – und nur das Allernötigste beiseiteschob, mich mit einem Buch aufs Bett setzte und nicht einmal aufsah, als die folgerichtige Schimpftirade begann. Ich kann mich nicht daran erinnern, weiß also auch nicht, auf welchem Planeten ich damals unterwegs gewesen bin, aber es war ganz sicher nicht das aufzuräumende Kinderzimmer. In fremden Welten zu verschwinden begeistert mich noch immer. Die in den allermeisten Fällen so fremd nicht sind: es gibt Kinder und Erwachsene, Liebe, Tod, Sehnsucht, Verzweiflung und manchmal Hoffnung. Es ist nicht wichtig für mich, ob die Pferde grün sind und ob sie fliegen können. Ich kann es: mit diesen Geschichten.

Alte und neue Texte

Alte und neue Texte

8. Juni 2024

Wenn mein Buch veröffentlicht worden ist, möchte ich es einem möglichst großen Publikum zeigen. So lange habe ich geschrieben, verworfen, neu formuliert, das Lektorat absolviert, immer wieder über einzelne Wörter, Zeilen, Figuren und rote Fäden nachgedacht. Das Lesen vor interessierten Zuhörern ist mein Lohn.
Vom Verkauf können eh nur wenige leben, auch die Honorare für unbekannte Schriftsteller halten sich in Grenzen. Gäste, die sich zu meiner Buchvorstellung auf den Weg machen, die näher heranrücken und nach dem Vortrag zu mir kommen, sind deshalb immens wichtig.
Schon Wochen zuvor suche ich nach Passagen, die zur jeweiligen Besucherschar passen könnten, stelle die Auszüge zusammen, übe das Sprechen.

„Greta“ ist mein dritter Roman, zuvor gab es zwei andere, die sich inhaltlich und auch sprachlich unterscheiden. Zudem Anthologien, in denen ich mit kürzeren Texten vertreten bin. Für eine Lesung aus einem anderen als dem aktuellen Buch ist der Vorbereitungsaufwand wesentlich höher. Ich staune über Formulierungen, die ich doch verfasst habe, den benutzten Rhythmus, die komponierten Handlungsstränge. Obwohl es viele Dateien gibt mit erprobten Textauszügen, sitze ich nach Jahren skeptisch davor und fürchte mich vor der falschen Entscheidung. Soll ich Natur, Beziehungen oder gleich die Liebe in den Vordergrund stellen? Vor allem die Frage, was den Gast dazu bewegen könnte, das gesamte Buch lesen zu wollen, erscheint mir unlösbar.

Das Lesen üben fordert mehr Konzentration. Dazu kommt die Unsicherheit. An dem aktuellen Buch habe ich eben gerade noch intensiv gearbeitet, ich kenne es.
Vor allem deshalb greife ich bei älteren Texten in den meisten Fällen auf die Kapitel zurück, die ihre Eignung fürs Publikum bewiesen haben.

Am schlimmsten und schönsten ist es dann am Tag der Veranstaltung. Schlimm ist das Zweifeln, die Aufregung, noch stärker als bei der aktuellen Geschichte. Aber dann folgen Erleichterung und Stolz: auch nach Jahren werden meine Texte verstanden und geliebt.
Ein Geschenk, für das es sich immer wieder lohnt, Akquise, Vorbereitung und Präsentation im wörtlichen Sinn durchzustehen.

Mut

Mut

12. Mai 2024

Lesungsakquise ist ein hartes Brot.
Bei großen Verlagen wird so etwas von Mitarbeitern übernommen, die Autorinnen müssen sich nur die Termine merken, das Honorar wird in einer Höhe gezahlt, von der unbekannte Autorinnen nur träumen können – und ohne Diskussion.
So jedenfalls war es einmal, inzwischen müssen auch namhafte Autorinnen, jedenfalls diejenigen außerhalb der Bestsellerlisten, um Lesungen kämpfen. Ich weiß nicht, ob wirklich weniger Menschen geistige Lektüre genießen und dafür vor die Tür gehen, ob es tatsächlich an geschwundenem Interesse liegt. Die Gespräche, die ich nach meinen Buchvorstellungen erlebe, zeugen immer von sehr viel Neugierde, Offenheit und Wertschätzung.

Ich habe etliche Lesungen, endlich wieder, die letzten Jahre kümmerten so vor sich hin, und ich liebe es, Gästen etwas vorzutragen, ihnen meine Geschichten zu erzählen.
Ich beherrsche das auch, jenseits einer Performance, ich freue mich vor jeder Darbietung vor allem darauf, dieses Mucksmäuschenstille zu erleben, das der schönste Lohn für mich ist. Dass davon keine Miete gezahlt werden kann, so, wie Menschen nicht auf Dauer von Luft und Liebe leben können, sollte jedem einleuchten.

Dass für kleinere Veranstalter ebenfalls ein hoher Aufwand entsteht, wenn sie Fördermittel einwerben müssen, um mich bezahlen zu können, soll nicht vergessen werden, wird von mir nie vergessen. Im Gegenteil, oft genug weise ich Vereine erst darauf hin, wo finanzielle Unterstützung beantragt werden kann. Das schließlich ist ein Fundus, aus dem sie auch für andere Vorhaben schöpfen könnten.

Die Arbeit vor einer solchen Veranstaltung findet selten Beachtung. Die Nachfragen, per Email oder Telefon, die Absagen, das Vertrösten. Der Aufschrei, weil Kosten entstehen. Für die Autorin, für Reisekosten. Dabei sind das sehr kleine Beträge, gemessen an den Berühmtheiten, und die Vorbereitung der Präsentation ist nicht weniger anstrengend für jene, die einfach nur Bücher schreiben und froh sind, dass ein Verlag sie herausgebracht hat.

Also suche ich wieder und wieder nach Orten, an denen ich aus meinen Romanen vorlesen kann, knüpfe Kontakte, frische ältere auf und im besten Fall entsteht ein Termin. Im besten Fall kommen Menschen, die Auszüge aus meinen Büchern hören wollen, die mich sehen, mit mir reden möchten über die Geschichte und vor allem über ihre Geschichten. Lesungen bieten immer auch Begegnungen und Austausch. Etwas, das viele Zuhörer woanders seltener finden.

Um das zu erhalten, wünsche ich mir mehr Mut von Veranstaltern, interessierten Besuchern auch unbekanntere Autorinnen zu präsentieren, und ich wünsche mir, dass Honorarempfehlungen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern dafür Fördermittel unbürokratisch beantragt und ausgegeben werden. Für eine vielfältige Kultur, die zwar erst nach dem (selbst harten) Brot kommt, aber dennoch unverzichtbar ist.

Leserunde, Fazit

Leserunde, Fazit

7. April 2024

Menschen, die ich nicht kenne, lesen mein Buch. Soweit klingt das ganz normal. Das ist es schließlich, was Autorinnen sich wünschen: dass ihr Buch gelesen wird.
In einer Leserunde ist das ein wenig anders, denn diejenigen, die lesen, wollen auch den Austausch mit derjenigen, die das verfasst hat. Die Überraschungen bleiben nicht aus. Das kannte ich bereits aus vorherigen Runden und es ist mir noch gut in Erinnerung – das dachte ich wenigstens.

Es ist ein vollkommen anderer Roman und die Leseeindrücke unterscheiden sich sehr. Es geht nicht um Ost-West, ein Territorium, auf dem ich mich recht sicher fühle. Es geht plötzlich um die Geschichte der alten Dame und die der jungen Frau und darum, dass die Geschichte der jungen Frau den Leserinnen weniger gefällt. Eine Kritik, mit der ich klarkommen will, ich liebe meine Figur und finde sie selbstverständlich gelungen, ihre Handlungen sind für mich schlüssig. Für die Leserinnen offensichtlich nicht. Da spielt eigenes Erleben mit hinein, wer mag schon den Spiegel, der einem vorgehalten wird. Kann ich gut nachvollziehen. Irritierend bleibt es dennoch. Ebenso wie der sogenannte Gruppenzwang, der einem im realen Leben auch hin und wieder begegnet. Einer sagt etwas, andere schließen sich an. Der Gruppenzwang scheint dieses Mal nicht so ausgeprägt zu sein, die Gefühle der Anstrengung schon. „Anspruchsvoll“ – ja, so möchte ich schreiben. Das wird von jeder Leserin anders verkraftet.

Die Leserunde ist fast beendet und wieder einmal hat sie mich sehr viel Kraft und Zeit gekostet.
Ich freue mich darüber, dass allen Gretas Reise gefällt, sie mich am Schluss mit Sternchen belohnen. Und habe ganz nebenbei auch wieder etwas gelernt: Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.

LBM 2024

LBM 2024

20.-23. März 2024

Ein Frühlingstag im März. Während draußen noch etliche Besucher ihre Mützen präsentierten, heizte es sich wie üblich unter den Glasdächern der Messehallen schnell auf. Die Comic-Manga-Fraktion erschien mir bereits am Donnerstag doppelt so stark wie in den vergangenen Jahren, bunt, unsicher und selbstbewusst, Farbkleckse zwischen den in Schwarz Gestylten.
Mit einem eigenen aktuellen Buch auf der Messe zu sein, ist doch etwas anderes. Ich fühlte mich beschwingt, gesehen, obwohl es von Bestsellerautoren nur so wimmelte. Die Signierstunde am Verlagsstand war gut besucht, ich wurde sogar von Schülern interviewt und hoffe, sie haben eine gute Note dafür erhalten.
Das „Café Wien“ ist wieder da! Und damit unser Treffpunkt, unsere Insel inmitten des Gewühls. Mit schmackhaftem Kuchen, tollem Kaffee, freundlicher Bedienung und einem Glas Sekt – man muss sich nicht gleich betrinken, um sich wohl zu fühlen und über den Sinn des Daseins nachzudenken.
Zum Nachdenken kommt man während der Rundgänge eh nicht. Überall Programm, gegen Mittag bereits schieben sich die Menschen durch die Gänge, in denen die Frühlingsluft nicht gespürt werden kann. Erst draußen. Was für ein Aufatmen.
Gelungene Lesungen, wunderbare Gespräche, viel zu wenig Schlaf. Das gehört dazu, den Schlaf kann man zu Hause nachholen. Die Begegnungen und Diskussionen nicht, davon werde ich noch eine Weile zehren. Ich freue mich auf 2025!

Leserunde, virtuell

Leserunde, virtuell

10. März 2024

Ich tue es wieder.
Beim ersten Roman war ich froh, auf die Unterstützung des Verlages zählen zu können, nicht nur, weil er die Bücher für die Leserunde im Internet an die ausgewählten Teilnehmerinnen versandte, sondern, weil immer jemand ansprechbar war, wenn ich nicht weiterkam. Allerdings ist das Technische nur eine Seite, und die kann man oder frau lernen. Viel schwieriger ist es inhaltlich.

Ich sehe die Leserinnen nicht, ich bekomme Kommentare, die ich nicht auf Anhieb einzuordnen weiß – das geschriebene Wort ist mitunter mehrdeutig, zumal es nicht erst nach der hundertsten Überarbeitung veröffentlicht wird, sondern eher spontan. Das ist bei einer realen Lesung nicht anders, aber die Mimik, die Gestik fügen das Gesagte zu einem Bild, das mir virtuell eben fehlt.
Dennoch. Es ist ein Austausch mit Menschen, die viel und gern lesen, ihre Erwartungen und kritischen Bemerkungen loswerden können. Was sonst beim Lesen eines Buches auch selten vorkommt. Ich sitze schließlich selbst oft über einem Buch und möchte meine Hymnen und Flüche direkt an die Verfasser weitergeben – tue es dann jedoch fast nie.

Für eine reale Lesung wähle ich Textabschnitte aus, die zu den Zuhörerinnen passen könnten. Ich kann mir nicht sicher sein, aber die jahrelange Erfahrung hilft sehr. Bei einer virtuellen Leserunde mit Menschen, die ich weder nach dem Alter noch nach dem Herkunftsort einschätzen kann, ist das vollkommen anders. Ich weiß noch, dass ich bei meinem zweiten Roman „Fast schon ein ganzes Leben“ erstaunt darüber war, wie stark die Halbtagsbeschäftigung von Birgit polarisierte, wie enorm wichtig es den Leserinnen war, auf die Mutter-Sohn-Beziehung einzugehen, die für mich beim Verfassen eine untergeordnete Rolle gespielt hatte.

Es ist ein Wagnis, das ich nun wieder eingehe. Immerhin haben mir mehr als dreißig Bewerbungen gezeigt, dass mein Buch viele Leserinnen interessiert. Interessieren könnte, sie kennen ja nur den Klappentext. Jemand, der meinen Roman in der Buchhandlung sieht, weiß allerdings auch nicht mehr. Also los, wovor habe ich Angst?
Vor Kritik – immer wieder und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Dahindurch muss ich nun – will ich, denn die Gespräche mit Leserinnen über einen langen Zeitraum hinweg sind tiefer und detaillierter, als sie nach einer realen Lesung sein können. Und auch ich habe mehr Zeit, mir zu überlegen, wie ich antworte. Was ich preisgeben möchte. Ja, ich freue mich auf die Runde. Zehn Bücher sind versandt worden, die ersten schon angekommen. Es wird eine aufregende Zeit werden mit jungen und älteren Frauen (soviel weiß ich schon), aus allen Teilen der Republik und sogar einem Nachbarland. Die Abschnitte sind ausgesucht, die „Scheibchen“ vorbereitet. Es kann losgehen.

Dankeschön!

Dankeschön!

21. Februar 2024

Es war ein milder Spätnachmittag an diesem 13. Februar, wir fuhren aus der neuen Heimat Potsdam in die alte Heimat Rathenow.
Mein letzter Informationsstand seitens der Stadtbibliothek lag schon einige Tage zurück, von knapp vierzig Anmeldungen war die Rede gewesen und ich freute mich sehr darüber.
Als ich die Räume betrat, waren schon sechzig Stühle gestellt worden, Regale dafür beiseite geschoben, der Tisch mit den Getränken in die Ecke verbannt worden.
Die Plätze reichten nicht.
Waren es nun siebzig oder gar achtzig Gäste, die letztlich sogar hinter Regalen einen Platz fanden und meiner ersten Lesung aus dem neuen Roman lauschten? Ich weiß es nicht, ich war viel zu aufgeregt, um mich damit zu beschäftigen, Leute zu zählen. Aber eins weiß ich genau: es war mucksmäuschenstill, während ich las, und der Applaus war sehr laut.


Die Stellen, die ich ausgewählt hatte, passten, es gab sogar den einen oder anderen kleinen Lacher. Bei all der Schwere, die dieser Roman oder besser: die erzählte Geschichte auszustrahlen vermag, wollte ich an diesem Tag der Premierenlesung vor allem feiern. Mein Buch, meine Gäste, den Auftakt für meinen dritten Roman.


Passend zur Premiere verhaspelte ich mich. Wahrscheinlich muss das so sein.
Ich hatte die ausgedruckten Blätter mit den Texten wieder und wieder verändert – bis schließlich ein Satz verlorenging. Hätte ich einfach weitergelesen, wäre es vermutlich niemandem aufgefallen – meinen Schreck dagegen musste jeder bemerken. Peinlich, aber auch das konnte meine Euphorie nicht beeinträchtigen. Es war einfach nur wunderbar.


Ich danke all jenen, die der Einladung gefolgt sind. Die den Weg aus der Nachbarschaft, aber auch aus Nauen, Wittstock und sogar Leipzig nicht gescheut haben, um dabei zu sein, den Start von „Greta“ mitzuerleben und mir das größte Geschenk zu machen, das eine Autorin sich vorstellen kann: mir so aufmerksam zuzuhören, mit mir zu lachen und zu reden, sich eine Widmung ins Buch schreiben zu lassen. Dankeschön!

Premierenlesung

Premierenlesung

19. Januar 2024

Das Datum steht fest, der Ort auch.

Ein Traum, in der Bibliothek meiner – ehemaligen – Heimatstadt zu lesen, wird sich erfüllen. Wo ich zuvor entweder Gast bei Lesungen war oder welche moderierte. Nun stehe ich selbst vorn, allein, das war mein Wunsch.

Ich suche Texte heraus, ich überlege, was ich zwischendrin erzählen kann, ich denke darüber nach, wie viel ich überhaupt vortragen kann in einer Stunde. Ich lese laut, ich lese nach Zeit – das ist alles wie immer. Nur ist es keine übliche Veranstaltung, es ist die Premiere. Kein Text hat bisher einem Publikum standhalten müssen. Das ich zum Teil kenne und doch überhaupt nicht einschätzen kann. Wie viele Ältere, wie viele Jüngere werden dort sein, was wird sie interessieren? Die erste Lesung ist so schwer, weil sie eine Premiere ist – deshalb heißt das schließlich so. Ich darf mich sogar verhaspeln, die Aufregung ist kaum zu überbieten.

Ich erinnere mich an die zweite Premiere. Ich hatte einen Auszug gewählt, der plötzlich gar nicht mehr passte. Den ich nie wieder vorgetragen habe. Wird mir das wieder passieren?

Es liegt an dem Anspruch, einfach ALLES erzählen zu wollen. Dabei ist das gar nicht notwendig. Vermutlich nicht einmal hilfreich, denn ich wünsche mir doch, dass die Gäste mein Buch komplett lesen möchten. Und nicht schon alles wissen, wenn sie nach einer Stunde wieder nach Hause gehen.

Eine Grundlage habe ich nun. Einführung der wichtigsten Figuren, etwas zum Innehalten, etwas zum Schmunzeln. Hoffe ich. Ob es gelungen ist, weiß ich erst nach der Premiere. Die glücklicherweise nur eine Lesung ist, weitere werden folgen. Mit dem Erfahrungsschatz der allerersten, das ist doch auch tröstlich.

Das Buch in den eigenen Händen halten

Das Buch in den eigenen Händen halten

17. Januar 2024

… ist auch beim dritten Roman etwas sehr Besonderes. Ich riss die Verpackung auf wie ein Westpaket – und es war schließlich auch eines, aus dem Südwesten der Republik. Schutzfolie abtrennen, aufschlagen, lesen. Das habe ich geschrieben. Es ist gedruckt worden. Mein Buch.

Die ersten Exemplare signieren – für meine Familie. Das Buch zeigen, mich weiter freuen.
Noch fehlt mir der Mut, es im Ganzen noch einmal zu lesen, ich fürchte das Auffinden der Tippfehler, die ich übersehen habe. Es sind welche drin, das steht fest.
Das ist so sicher wie das Auffinden von Fehlern in fremden Büchern. War das früher tatsächlich anders oder nur in meiner Erinnerung? In den alten Ausgaben von Christa Wolf habe ich nie einen Tippfehler gefunden – auch kein an falscher Stelle stehendes Trennungszeichen am Zeilenende. In den neueren Ausgaben schon. Wenige, damit werde ich mich nicht messen können, aber es gibt sie. Weil es weniger Lektoren und Korrektoren gibt, vermutlich, die sich das Werk anschauen. Weil ich nicht Christa Wolf bin, das auch. Es ist ein wenig traurig, aber davon möchte ich mir gerade nicht die gute Laune vertreiben lassen. Mein Buch ist da und ich liebe es.


Ich kann es kaum erwarten, das Buch präsentieren zu dürfen, Menschen, die zu meinen Lesungen kommen werden. Die schon anderes von mir gelesen haben und mir schreiben, dass sie sich auf das neue Werk freuen. Wird es der Erwartung standhalten können?
Der Zweifel wird wohl nie verschwinden.
Ich habe alles gegeben, was möglich war, in den letzten Monaten und all den Jahren davor. Der Roman ist so gut, wie er gerade sein kann. Ich streiche über den Umschlag und habe mich mit dem Hut versöhnt, den ich zuerst nicht auf dem Cover haben wollte.
Das Buch ist dicker als ich dachte, nun gut, es umfasst auch mehr Seiten als „Paule“ oder „Rot ist schön“. Kaum noch zu glauben für mich, dass es einmal mehr als 800 Seiten gewesen sind, das wäre doppelt so viel wie jetzt. Das wäre im wahrsten Sinne eine schwere Lektüre geworden. 400 Seiten sind genug und ich freue mich auf die Leser. Und alle Frauen natürlich auch.

Vorfreude ist die schönste Freude

Vorfreude ist die schönste Freude

5. Dezember 2023

Das gilt nicht nur vor Weihnachten, obwohl es in diesem Jahr für mich so passt. Und geteilte Freude ist doppelte Freude.

Das macht mir gerade am meisten Spaß: anderen vom bevorstehenden Erscheinen meines Romans „Greta“ zu berichten und die Freude darüber mit ihnen zu teilen.

Einige Emails kommen leider zurück – zu lange ist es her, dass ich mit dem Text begonnen habe, zu viele Jahre sind seit den Recherchen vergangen. Bei anderen wiederum ist die Erinnerung an mich präsent. Ich bekomme sogar Fotos zurückgeschickt und leichte Entrüstung: sie haben mich doch nicht vergessen! Alle freuen sich mit mir und diese zurückgegebene Freude lässt meine sich nicht nur verdoppeln wie in besagtem Sprichwort, sondern verzehnfachen. Mindestens.

Ich laufe jetzt schon wie auf Wolken, dabei habe ich erstens das Buch noch gar nicht in der Hand und zweitens ist das ziemlich gefährlich, weil die Wege draußen wahre Rutschbahnen sind. Winter halt. Wenigstens zwischen dem ersten und zweiten Advent, für das Wetter sind drei Wochen bis zum Fest eine lange Zeit. Schneemänner säumen die Rasenflächen, Schneebälle fliegen, das Juchzen klingt hell und laut aus den Kinderkehlen. Ich möchte am liebsten mitjuchzen, singen, tanzen. Selbst das Grau, das nach dem „Pieselschnee“ das Licht des Tages dimmt, kann mich nicht davon abhalten, fröhlich zu sein. Auch nicht die erwartete Email, der ausstehende Anruf, der Räumlichkeiten verspricht für die Premierenlesung, in diesen Tagen denke ich: alles wird sich fügen. Die anderen Stunden, die, in denen mich das Grau vor dem Fenster niederdrückt, werden auch wieder kommen, aber das kann ich gerade sehr gut fortschieben.

Ich genieße die Vorfreude.