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„Für Kinder muss man schreiben wie für Erwachsene – nur besser“

„Für Kinder muss man schreiben wie für Erwachsene – nur besser“

12. Mai 2025

Dieses Zitat von Maxim Gorki oder Erich Kästner (es war mir nicht möglich, das herauszufinden, beide haben das jedenfalls beherzigt) geht mir seit einigen Tagen durch den Kopf. Ich lese Jugendbücher. Ich hatte mich darauf gefreut, wieder in der Jury für den ver.di-Literaturpreis zu sein, Jugendbücher gehören nicht zu meinem üblichen Repertoire an Lesestoff.

So, wie ich gern am bundesweiten Lesewettbewerb teilnehme, um einen kleinen Einblick in die Vorlieben von Kindern einer sechsten Klasse zu bekommen, erfahre ich auch gern, was ältere Jugendliche lesen. Oder lesen würden, denn beim Literaturpreis sind es die Verlage und Autorinnen, die Bücher einreichen, nicht die Leser. Das unterscheidet die Wettbewerbe.

Das Leuchten in den Kinderaugen beim Vortrag, ihre Nervosität, ihr zu schnelles Lesen, all das zeigt mir, wie sehr sie das gewählte Buch lieben.

Ich könnte recherchieren, ob eines der eingereichten Werke auf BookTok oder Bookstagram oder einem anderen Kanal beworben wird, herzzerreißend, lachend oder weinend, aber das wäre nicht einmal ähnlich der Situation in einer 6. Klasse oder Bibliothek. Ich kann die Bücher nur selbst lesen – das wollte ich schließlich auch tun.

Der Stapel ist hoch, ich brauche nach den ersten Werken erst einmal eine Pause – die ich mit Literatur fülle. Mit Erwachsenenbüchern, die die Schönheit der Sprache zeigen, den roten Faden nicht verlieren, humorvoll und spannend geschrieben sind. Das erfüllt sich auch nicht bei jedem Titel. Vielleicht habe ich gerade das Glück, diese Geschichten auf dem anderen Stapel liegen zu haben, sie begeistern mich, sie hallen nach.

Auch bei den durchgearbeiteten Jugendbücher gibt es Episoden, die mich fesseln, die nachklingen, mich berühren. Die Themen, die Figuren, Schauplätze. Bisher habe ich keinen Favoriten gefunden, aber noch warten viele ungelesene Jugendbücher, die mich überraschen können.

Sofern sie das einlösen, was Erich Kästner oder Maxim Gorki nicht nur wunderbar formulierten, sondern umsetzten: „Für Kinder muss man schreiben wie für Erwachsene, nur besser“.

Hamburg und Wolfenbüttel

Hamburg und Wolfenbüttel

4. April 2025

Das Autorendock und die Bundesakademie. Innerhalb von zehn Tagen, definitiv zu viel für mich, aber es hat sich gelohnt. Beides.

Textbesprechung ein ganzes Wochenende lang, und trotz des viel zu lauten Hotels in Hamburg und – natürlich? – verspäteter Züge Geschichten, die nachwirken. Eine vorsichtig agierende Gruppe, an einigen Stellen hätte ich mir konstruktive und auch härtere Kritik gewünscht, aber ich war eine der wenigen Teilnehmer, die Seminarerfahrungen besaßen. Achtsames Umgehen miteinander hat auch etwas Gutes, von Achtung geprägtes Kundtun von Meinungen nämlich. Von Hamburg habe ich nicht viel gesehen, aber der Espresso auf dem Terrassendach im strahlenden Sonnenschein – und allein mit meinen Gedanken – bleibt mir wohl noch eine Weile in Erinnerung, ebenso wie die überwiegend autobiografischen Inhalte der Texte. Als Bonus erhielten wir den eigens vom Dozenten lektorierten eingereichten Text.


In Wolfenbüttel sitzen zwei Dozenten vorn, die Diskussionen können somit wesentlich strukturierter ablaufen, das mag ich an der Bundesakademie. Ebenso das Vermitteln von Wissen, anhand fremder alter und neuer Texte der veröffentlichten Literatur, sogar eine kleine Schreibübung fand noch Platz in dem prall gefüllten Zeitrahmen von drei Tagen.
Ich mag es auch, in Wolfenbüttel die Veränderungen wahrzunehmen. Die einstige Stadt mit „Zonenrandförderung“ verfiel nach der Wende zusehends, inzwischen stehen weniger Geschäfte leer, neue Grünanlagen entstanden, Baustellen künden von weiteren Vorhaben. Die Mühle steht für Beständigkeit. Die Textkritik ist sachlich, es wird manchmal zu viel abseits der Thematik geredet, das schaffen selbst zwei Dozenten nicht einzugrenzen. Trotz der hohen Teilnehmerzahl werden immer alle Besprechungen geschafft, der Humor (manchmal ausufernd ins Kalauern) sorgt auch drinnen für ein angenehmes Klima. Draußen lockte die Sonne, die wir in einer längeren Mittagspause genießen durften. Die obligatorische Lesung eines Dozenten am zweiten Tag ist immer etwas Besonderes. An diesem Montag war die Mühle so gut besucht, dass ich erstmals nach oben flüchtete und mit einer wunderbaren Aussicht aus der Galerie auf den unteren Raum und die Lesung belohnt wurde.
Zwei Seminare also, das dritte in der Reihe und erste der Aufzählung fand in Rendsburg statt, und nun wartet viel Arbeit. Auf die ich mich freue.

Halbzeit

Halbzeit
21. Februar 2025

Ich schreibe nun jeden Tag, oft mehr als eine Seite. Wenn ich das geschafft habe, spüre ich, wie gut es mir tut. Ich arbeite an zwei Projekten, das hilft natürlich, weil ich die Auswahl habe, falls mir zu einem gerade nichts einfallen will. Bisher habe ich das aber nicht gebraucht, ich schreibe eher parallel.

Fünfzig Tage sind herum und mein Vorlauf ist gut. Die einhundert Seiten werde ich vielleicht sogar vierzehn Tage früher erreichen als geplant, aber das ist nur Spekulation. Das Wichtigste ist, dass etwas bleibt von diesem begonnenen Text, dass er auch nach der notwendigen Ruhephase für mich Potential hat. Ich Lust dazu habe, daran zu arbeiten, „etwas daraus zu machen“. Erst einmal für mich.

Die Freude, mich am Morgen an den Laptop zu setzen und ein gutes Gefühl für den Tag zu bekommen, hilft mir, mit all den Unwägbarkeiten des Alltags umzugehen. Der Schnee glitzert, die Sonne wärmt, gegen den Wind packe ich Hals und Ohren ein.

Ich bleibe von all den herum irrenden Viren oder Bakterien nicht verschont, sie suchen ein Zuhause, das ich ihnen gar nicht anbieten möchte, sie finden mich. Wollen mich umwerfen, verbünden sich mit dem eisigen Wind. Aber die Freude über das morgendliche Schreiben trägt mich. Selbst durch diese Tage.

Auf ein Neues!

Auf ein Neues!
19. Januar 2025

Inzwischen ist der erste Monat des Jahres schon fast herum. Neujahr ist der Tag der guten Vorsätze. Die meisten davon landen allerdings nach einer Woche im Müll, andere lassen sich nur wenige Monate durchhalten. Zu viel macht zu viel Druck. Ich habe natürlich auch darüber nachgedacht, Silvester ist eben ein Datum, an dem nicht nur geböllert wird, sondern auch Bilanz gezogen werden kann. Was plane ich für das nächste Jahr, was wünsche ich mir, was wäre Glück, aber eher unwahrscheinlich. Feiertage sind wenig geeignet, um realistisch zu bleiben, aber einen Versuch ist es wert.

Ich habe mir für das neue Jahr vorgenommen, jeden Tag eine Seite zu schreiben. Es gibt zahlreiche Ratgeber, die einem ausrechnen (oder auch nur dokumentieren), dass, wer jeden Tag eine Seite füllt, am Jahresende ein Buch geschrieben haben wird. Das klingt auf den ersten Blick verlockend. Für diejenigen, die noch nie ein Buch geschrieben haben. Denn das Rohmaterial, und mehr kann ein erster Entwurf bei mir nicht sein, muss noch unzählige Male verändert und verbessert werden. Also besser ein Anfang. Die Idee schwirrte schon seit einiger Zeit in meinem Kopf und gemeinsam mit der Lust auf Neues fiel es mir nicht schwer, zu beginnen.

In den vergangenen Jahren hat sich bei meinem Schreiben herauskristallisiert, dass eine Geschichte erst zu einem Roman werden wird, wenn ich über die ersten sechzig Seiten hinausgekommen bin. Das ist meine persönliche Achillesferse. Bin ich bei einhundert Seiten angekommen und habe immer noch viele Ideen für die folgenden Kapitel im Kopf, kann es gelingen. Andernfalls taugen die sechzig Seiten vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt dafür, daraus eine Kurzgeschichte zu formen. Der Rest bleibt Fingerübung. Das ist ja auch wichtig.

Jeden Tag eine Seite also. Aber nicht das gesamte Jahr hindurch. Zu viel macht zu viel Druck. Ich habe mir einhundert Seiten vorgenommen – damit lande ich, wenn es klappt, am 10. April, das ist noch eine Woche vor dem Osterfest. Sollte zu schaffen sein. Dann werde ich wissen, ob das Projekt gedeihen kann. Ich kann entweder „verlängern“ oder ohne Gewissensbisse mit der Überarbeitung beginnen. Bisher funktioniert das sehr gut, ich habe ein paar Seiten Vorlauf. Ein guter Start in ein neues Jahr.

Weihnachtsruhe

Weihnachtsruhe
27. November 2024

Es ist erst in vier Wochen soweit, besser gesagt, ist Weihnachten dann schon vorbei. Meine Ruhe vermutlich auch.
Noch hängt draußen der trübe November vor dem Fenster und lässt mich erst mittags aus der Wohnung (und vom stehenden und sitzenden Schreiben). Gehen, atmen, nachdenken. Die Hörbücher müssen gerade warten, ebenso wie die „echten“ Bücher, mein Kopf ist gefüllt, es dauert, ehe ich dort Platz für neue Texte finde. Dann ist es meistens schon wieder morgens.
Die permanente Konzentration ist kräftezehrend. Essen, Trinken, Laufen – alles findet statt, aber gefühlt ohne Beteiligung des Kopfes. Mund, Nase, Hände, Füße funktionieren wie bei einer Maschine, der Kopf aber will ständig etwas anderes und damit Hände und Füße beschäftigen. Ein Teufelskreis, der euphorisiert aber auch mega-anstrengend ist.

Ab dem Wochenende wird sich das ändern. Alles, was ich schaffen wollte, ist geschafft, jetzt schon, ich kann langsam austrudeln, im Hier und Jetzt ankommen, mich auf Plätzchen und Kerzen konzentrieren. Darauf, dass die Sonne es tatsächlich schafft, durch die dicken Wolken zu dringen. Noch wird es jeden Tag später hell und früher dunkel, aber auch der Kipppunkt ist schon bald erreicht und bis dahin werde ich endlich die Bücher lesen, die sich angesammelt haben, Briefe schreiben statt Geschichten, weniger strukturiert, aber herzlich. Ich werde mit den fremden Geschichten im Kopfhörer den Reihern, Enten und Schwänen zusehen und einfach nur laufen.
Mein Ruhemonat Dezember. Für die Familie und zum Backen. Damit mein Kopf sich erholt (hoffentlich) und ich insgesamt neue Kraft schöpfen kann für all die Dinge, die ich noch machen möchte. Nach Weihnachten.

BuchBerlin 2024

BuchBerlin 2024
23. September 2024

Vor einigen Jahren war ich zum ersten Mal als Vertreterin des Brandenburgischen Schriftstellerverbandes auf dieser kleinen Messe gewesen. Es hatte mir damals nicht gefallen. Zu viele Self-Publisher, die an zahlreichen Ständen ihre eigenen Bücher mit erschreckend banalen Themen in einer wenig ausgefeilten Sprache anboten, zu wenige Literaturverlage, viel zu viel Selbstdarstellung und Schnickschnack.

In diesem Jahr wagte ich mich wieder einmal dorthin. Der Brandenburgische Schriftstellerverband war nicht vertreten, auch „mein“ Karlsruher Verlag nicht, die Zahl an ausstellenden Literaturverlagen war ebenfalls geschrumpft.

Dennoch hatte sich bereits zur Eröffnung eine lange Schlange vor dem Eingang gebildet. Wieder waren es vor allem Autoren und Autorinnen, die selbstverlegte Bücher anboten, teils entsprechende Performance dazu boten, auch Merchandising stand offensichtlich hoch im Kurs. Es gab Lesungen und ausgestellte Bücher, die zum Schmökern einluden, mir allerdings leider auch vor Augen führten, dass diese Buchmesse vor allem den Bereichen Fantasy, Krimi und Romance gewidmet war. Und dem Selbst-Verlegen von Texten: ich sah etliche Stände von Dienstleistern, Werbeagenturen und Freien Lektoren. Gut, eine Tombola, ein Rätsel-Wettbewerb, hier und da Süßigkeiten – das findet sich auch auf der großen Messe in Leipzig.

Glücklicherweise gab es auch gute Momente an anderen Ständen: Mehrsprachige Kinderbücher, die in ausländischer Währung ausgepreist waren und für wenig Geld den Besitzer wechselten, kleine Literaturverlage, die anspruchsvolle Texte in Hardcover, Softcover und Zwischenformen hatten drucken lassen, eine Vielfalt an Themen und Genres, die mich erstaunte und aufmerken ließ. Auch die #BerlinAuthors waren vertreten, engagiert, jung, mit eigenen Werken und dem Ziel, ein breites Netzwerk aufzubauen, das auch jede brandenburgische Autorin willkommen heißt.

Die BuchBerlin geht über zwei Tage, an einem Wochenende, und vermutlich haben viele Gäste dort das gefunden, was sie gesucht haben. Ich konnte gute Gespräche führen, erfuhr auch, weshalb jemand die Buchmesse mochte oder was fehlte, oft sogar ungefragt. Für mich war es immerhin interessant und gekauft habe ich auch etwas. Ein Tag reichte mir jedoch und nach dem vielen Laufen zwischen den Gängen, die laienhaft beschriftet waren, atmete ich draußen die spätsommerlich warme Luft und schlenderte den restlichen Nachmittag lieber auf der anderen Seite des Bahnhofs Treptower Park, wo ich das Wasser sehen konnte und viel Grün und Muße hatte, über all das nachzudenken, was sich an Informationen und Bildern in mir angesammelt hatte.

Literatur als Nahrung

Literatur als Nahrung
11. Juli 2024

Es gibt Phasen, in denen ich wenig lese und auch selten zu Hörbüchern greife. Meistens stecke ich dann in einem eigenen Projekt und möchte mich nicht ablenken lassen. Gerade ausgefeilte Texte mit prägendem Rhythmus könnten mich dazu verleiten, es ähnlich zu versuchen – ganz unbewusst und nicht annähernd so gut. Deshalb konzentriere ich mich beim Schreiben lieber aufs Schreiben.
Dazwischen liegen die Zeiten der Notizen, Skizzen, Fragmente, des Organisierens und eben der Bücher anderer Autorinnen.

Es ist Sommer und ich möchte mich erholen können, dafür sind Hörbücher bestens geeignet und ich finde sogar Spannendes, das handwerklich gut gemacht ist. Bleibe beim gewählten Autor vom Lübbe-Verlag, lausche und denke darüber nach, wie wichtig es ist, dass ich die Sprecherstimme mag. Die des Vorlesenden für ein Hörbuch, die des Lesenden auf der Bühne oder in einem Saal. Ich habe einige Hörbücher beiseite gelegt, weil ich mit der Tonhöhe, Aussprache, Betonung, nicht klarkam. Das unabhängig davon, ob der Text vom Verfasser oder einem Schauspieler eingelesen worden ist. Der Sommer ist sehr geeignet dafür, unterwegs zu sein: mit den Geschichten im Ohr oder von einer Veranstaltung zur nächsten. Ich möchte mich füllen mit Literatur, sie aufzunehmen, mich sättigen. Das Fremde verdauen, es kritisch hinterfragen, lernen. Für die kommende Phase, in der ich selbst schreibe.

Die Bücher finden nun wieder zu mir, ich lese viel und dabei darf es gern anspruchsvoll sein. Im Buch kann ich zurückblättern, einen Zettel als Markierung verwenden oder mir gleich ein paar Sätze herausschreiben. Eine Freundin liest immer mehrere Bücher parallel. Das habe ich ein paar Mal versucht, es funktionierte nicht. Ich brauche zu lange, um von einer Geschichte in eine andere zu finden, muss zurückblättern, manchmal ein ganzes Kapitel von vorn beginnen. Parallel etwas zu lesen und etwas anderes zu hören, klappt dagegen. Ich vertiefe mich also sitzend in dystopische Prosa und lausche gehend fasziniert historischen Daten, die ein anderer Autor miteinander und mit den Menschen und Anekdoten jener Epoche verwoben hat und die zum Teil ebenso aktuell wie dystopisch erscheinen. Erstes zwingt mir Lesepausen auf, weil es mich ziemlich deprimiert, wie wenig Chancen für die „kleinen Leute“ überhaupt existieren (und wie schnell Glück zerrinnt, jedenfalls bei denjenigen) und wie brutal Armut sein kann, zweites sollte ich mit vielen Pausen anhören, weil es so unendlich viele Fakten darin gibt, aber ich bin gefangen in diesem Sog. Jede Tätigkeit, die mich die Kopfhörer absetzen lässt, ärgert mich.
Das war anscheinend schon immer so. Eine Besucherin erzählte mir am Rande einer Lesung, dass sie sich gut daran erinnert, dass ich als Kind einmal aufräumen sollte – und nur das Allernötigste beiseiteschob, mich mit einem Buch aufs Bett setzte und nicht einmal aufsah, als die folgerichtige Schimpftirade begann. Ich kann mich nicht daran erinnern, weiß also auch nicht, auf welchem Planeten ich damals unterwegs gewesen bin, aber es war ganz sicher nicht das aufzuräumende Kinderzimmer. In fremden Welten zu verschwinden begeistert mich noch immer. Die in den allermeisten Fällen so fremd nicht sind: es gibt Kinder und Erwachsene, Liebe, Tod, Sehnsucht, Verzweiflung und manchmal Hoffnung. Es ist nicht wichtig für mich, ob die Pferde grün sind und ob sie fliegen können. Ich kann es: mit diesen Geschichten.

Mut

Mut
12. Mai 2024

Lesungsakquise ist ein hartes Brot.
Bei großen Verlagen wird so etwas von Mitarbeitern übernommen, die Autorinnen müssen sich nur die Termine merken, das Honorar wird in einer Höhe gezahlt, von der unbekannte Autorinnen nur träumen können – und ohne Diskussion.
So jedenfalls war es einmal, inzwischen müssen auch namhafte Autorinnen, jedenfalls diejenigen außerhalb der Bestsellerlisten, um Lesungen kämpfen. Ich weiß nicht, ob wirklich weniger Menschen geistige Lektüre genießen und dafür vor die Tür gehen, ob es tatsächlich an geschwundenem Interesse liegt. Die Gespräche, die ich nach meinen Buchvorstellungen erlebe, zeugen immer von sehr viel Neugierde, Offenheit und Wertschätzung.

Ich habe etliche Lesungen, endlich wieder, die letzten Jahre kümmerten so vor sich hin, und ich liebe es, Gästen etwas vorzutragen, ihnen meine Geschichten zu erzählen.
Ich beherrsche das auch, jenseits einer Performance, ich freue mich vor jeder Darbietung vor allem darauf, dieses Mucksmäuschenstille zu erleben, das der schönste Lohn für mich ist. Dass davon keine Miete gezahlt werden kann, so, wie Menschen nicht auf Dauer von Luft und Liebe leben können, sollte jedem einleuchten.

Dass für kleinere Veranstalter ebenfalls ein hoher Aufwand entsteht, wenn sie Fördermittel einwerben müssen, um mich bezahlen zu können, soll nicht vergessen werden, wird von mir nie vergessen. Im Gegenteil, oft genug weise ich Vereine erst darauf hin, wo finanzielle Unterstützung beantragt werden kann. Das schließlich ist ein Fundus, aus dem sie auch für andere Vorhaben schöpfen könnten.

Die Arbeit vor einer solchen Veranstaltung findet selten Beachtung. Die Nachfragen, per Email oder Telefon, die Absagen, das Vertrösten. Der Aufschrei, weil Kosten entstehen. Für die Autorin, für Reisekosten. Dabei sind das sehr kleine Beträge, gemessen an den Berühmtheiten, und die Vorbereitung der Präsentation ist nicht weniger anstrengend für jene, die einfach nur Bücher schreiben und froh sind, dass ein Verlag sie herausgebracht hat.

Also suche ich wieder und wieder nach Orten, an denen ich aus meinen Romanen vorlesen kann, knüpfe Kontakte, frische ältere auf und im besten Fall entsteht ein Termin. Im besten Fall kommen Menschen, die Auszüge aus meinen Büchern hören wollen, die mich sehen, mit mir reden möchten über die Geschichte und vor allem über ihre Geschichten. Lesungen bieten immer auch Begegnungen und Austausch. Etwas, das viele Zuhörer woanders seltener finden.

Um das zu erhalten, wünsche ich mir mehr Mut von Veranstaltern, interessierten Besuchern auch unbekanntere Autorinnen zu präsentieren, und ich wünsche mir, dass Honorarempfehlungen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern dafür Fördermittel unbürokratisch beantragt und ausgegeben werden. Für eine vielfältige Kultur, die zwar erst nach dem (selbst harten) Brot kommt, aber dennoch unverzichtbar ist.

LBM 2024

LBM 2024
20.-23. März 2024

Ein Frühlingstag im März. Während draußen noch etliche Besucher ihre Mützen präsentierten, heizte es sich wie üblich unter den Glasdächern der Messehallen schnell auf. Die Comic-Manga-Fraktion erschien mir bereits am Donnerstag doppelt so stark wie in den vergangenen Jahren, bunt, unsicher und selbstbewusst, Farbkleckse zwischen den in Schwarz Gestylten.
Mit einem eigenen aktuellen Buch auf der Messe zu sein, ist doch etwas anderes. Ich fühlte mich beschwingt, gesehen, obwohl es von Bestsellerautoren nur so wimmelte. Die Signierstunde am Verlagsstand war gut besucht, ich wurde sogar von Schülern interviewt und hoffe, sie haben eine gute Note dafür erhalten.
Das „Café Wien“ ist wieder da! Und damit unser Treffpunkt, unsere Insel inmitten des Gewühls. Mit schmackhaftem Kuchen, tollem Kaffee, freundlicher Bedienung und einem Glas Sekt – man muss sich nicht gleich betrinken, um sich wohl zu fühlen und über den Sinn des Daseins nachzudenken.
Zum Nachdenken kommt man während der Rundgänge eh nicht. Überall Programm, gegen Mittag bereits schieben sich die Menschen durch die Gänge, in denen die Frühlingsluft nicht gespürt werden kann. Erst draußen. Was für ein Aufatmen.
Gelungene Lesungen, wunderbare Gespräche, viel zu wenig Schlaf. Das gehört dazu, den Schlaf kann man zu Hause nachholen. Die Begegnungen und Diskussionen nicht, davon werde ich noch eine Weile zehren. Ich freue mich auf 2025!

Dankeschön!

Dankeschön!
21. Februar 2024

Es war ein milder Spätnachmittag an diesem 13. Februar, wir fuhren aus der neuen Heimat Potsdam in die alte Heimat Rathenow.
Mein letzter Informationsstand seitens der Stadtbibliothek lag schon einige Tage zurück, von knapp vierzig Anmeldungen war die Rede gewesen und ich freute mich sehr darüber.
Als ich die Räume betrat, waren schon sechzig Stühle gestellt worden, Regale dafür beiseite geschoben, der Tisch mit den Getränken in die Ecke verbannt worden.
Die Plätze reichten nicht.
Waren es nun siebzig oder gar achtzig Gäste, die letztlich sogar hinter Regalen einen Platz fanden und meiner ersten Lesung aus dem neuen Roman lauschten? Ich weiß es nicht, ich war viel zu aufgeregt, um mich damit zu beschäftigen, Leute zu zählen. Aber eins weiß ich genau: es war mucksmäuschenstill, während ich las, und der Applaus war sehr laut.


Die Stellen, die ich ausgewählt hatte, passten, es gab sogar den einen oder anderen kleinen Lacher. Bei all der Schwere, die dieser Roman oder besser: die erzählte Geschichte auszustrahlen vermag, wollte ich an diesem Tag der Premierenlesung vor allem feiern. Mein Buch, meine Gäste, den Auftakt für meinen dritten Roman.


Passend zur Premiere verhaspelte ich mich. Wahrscheinlich muss das so sein.
Ich hatte die ausgedruckten Blätter mit den Texten wieder und wieder verändert – bis schließlich ein Satz verlorenging. Hätte ich einfach weitergelesen, wäre es vermutlich niemandem aufgefallen – meinen Schreck dagegen musste jeder bemerken. Peinlich, aber auch das konnte meine Euphorie nicht beeinträchtigen. Es war einfach nur wunderbar.


Ich danke all jenen, die der Einladung gefolgt sind. Die den Weg aus der Nachbarschaft, aber auch aus Nauen, Wittstock und sogar Leipzig nicht gescheut haben, um dabei zu sein, den Start von „Greta“ mitzuerleben und mir das größte Geschenk zu machen, das eine Autorin sich vorstellen kann: mir so aufmerksam zuzuhören, mit mir zu lachen und zu reden, sich eine Widmung ins Buch schreiben zu lassen. Dankeschön!