8. November 2022
Es ist das Damoklesschwert, das über uns hängt, über all jenen, die Worte zu Papier bringen wollen. Ich hatte bisher sehr großes Glück. Es gab nur einen Fall, der mich nicht nur lähmte, sondern zu zerschmettern drohte, und der geschah ausgerechnet in einem Weiterbildungsseminar, das mir helfen sollte. Ich war mit einem Textauszug angetreten zu meinem zweiten Romanprojekt, das schließlich als erstes veröffentlicht werden sollte, und die Dozenten waren sich einig: So geht das nicht. Das wird nichts.
Ich hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte im Text, konnte es jedoch nicht benennen. Deshalb war ich schließlich in die Werkstatt gefahren. Ich hatte auf konstruktive Kritik gehofft und ein paar Ratschläge, die mir weiterhelfen würden. Stattdessen gab es die niederschmetternde Aussage, gepaart mit dem Satz: Fang eine andere Geschichte an.
Nein, wollte ich nicht. Ich wollte genau diese Geschichte erzählen.
Ich fuhr sehr entmutigt zurück und ich gab mir wirklich alle Mühe, weiterzuschreiben. Es funktionierte nicht. Nicht ein Satz wollte mir gelingen, ich dachte und fürchtete, nie wieder etwas „Ordentliches“ zu Papier bringen zu können. Ich dachte ernsthaft darüber nach, das alles zu lassen, stattdessen Stricken zu lernen oder eine Fremdsprache.
Die Gruppe der Teilnehmerinnen holte mich aus dem Loch. Wir waren nicht zufällig in diesem Kurs gewesen, aber die Zusammensetzung hatte ich schließlich nicht geplant, ich kannte nur zwei oder drei aus vorherigen Seminaren, eigentlich eher ihre Texte als sie selbst. Sie fragten mich in Emails: Wie kommst du klar, hast du weitergeschrieben, du kannst mir gern etwas schicken.
Ich schickte meine Verzweiflung hinaus in die Welt. Und erhielt Mut zurück. Das war meine Rettung.
Ich änderte die Perspektive, setzte irgendwo mitten im Manuskript an, verfasste die Szene neu und sandte sie herum. Der Knoten hatte sich gelöst, ich nahm die Anregungen und Hinweise an und schrieb weiter, bis der gesamte Text neu geschrieben war und tatsächlich irgendwann eine Lektorin so überzeugte, dass sie unbedingt ein Buch daraus machen wollte: mein Debut.
Allein wäre ich verzweifelt und wer weiß, ob meine gestrickten Handschuhe jemanden so hätten erfreuen können, wie es mein erster Roman bis heute tut. Dankeschön.